Und die 6 Stunden Wanderung auf den Vulkan Acatenango.
Nachdem wir wieder in Antigua angekommen sind, ruhte sich Tabea weiterhin aus. Sie war immer noch nicht ganz fit und nutzte die bequemen Betten des „Casi Casa“ zum Ausruhen. Anna schlenderte durch die Stadt. Bummelte in den Läden, kaufte für Tabea und sich 2 Bandanas für die bevorstehende Wanderung und außerdem noch einen Kaffee für den Rückweg.
Im „Casi Casa“ wollte sie dann die Hostel-Sauna testen. Das „Casi Casa“ ist eine alte Kirche, die zum Hostel umgebaut wurde. Die Sauna bestand nur aus einer Holzbank in einem mit Ziegelsteinen gemauerten Gewölbe und hatte eine kleine Eingangstür aus Holz. Vor Sauna befand sich eine Sitzgarnitur an Sofas. Dort spielten gerade zwei Reisende Karten. Anna begrüßte sie kurz und verschwand anschließend hinter der Holztür. In der Sauna gab es weder Sanduhr noch Thermostat. Als Anna die Sauna wieder verließ zeigte ihr einer der beiden Kartenspielenden seinen Handy-Timer. Genau 15 Minuten, er hatte die Zeit ungefragt mit seinem Handy gestoppt. Das Eis war gebrochen und schon kam man ins Gespräch. Anna fragte welches Kartenspiel sie spielten und spielte in der nächsten Sekunde mit. Die zwei kommen ursprünglich aus New York. Wie wir, sind sie schon seit ihrer Kindheit befreundet. Sie lernten sich im Alter von 4 Jahren kennen, schreiben nun einen Blog und bereisen die Welt.
Tabea hatte sich mittlerweile etwas erholt und wir konnten gemeinsam zum Abendessen losziehen. Wir gingen in ein Taco Restaurant und aßen beide eine kleine Portion Nachos. Die Nachspeisen auf der Karte hörten sich köstlich an, es gab Cheesecake und Brownies. Wir beschlossen sie mit zu nehmen und im Garten des „Casi Casa“ zu essen.
Wie empfahlen die leckeren Nachspeisen anschließend der Amerikanerin, mit der wie uns wie schon vor dem Besuch des „Lake Atitlán“ das Zimmer teilten. In unserem Zimmer wohnte nun außerdem ein Pärchen aus England. Wir unterhielten angeregt über unseren bevorstehenden Trip auf den Acatenango-Vulkan, während wir unsere Backpacks für die Wanderung entleerten und nur mit dem nötigsten ausrüsten. Wir mussten feststellenn, dass wir vergessen hatten Klopapier für den Ausflug zu besorgen und fragten beim Hostelpersonal nach einer Rolle. Unsere Zimmergenossen würden morgen ein wenig belegtes Zimmer haben, erklärten wir ihnen, da wir im Basecamp auf dem Vulkan schlafen würden. Die Amerikanerin vermutete sie wäre noch da, wenn wir zurück kommen und freue sich darauf zu hören wie es war. Wir gingen früh ins Bett, um viel Energie für morgen zu sammeln. Die Nacht war jedoch stickig, da unsere neuen Zimmergenossen das geöffnete Fenster immer wieder schlossen.
Am nächsten Morgen wurden wir von der Reise-Agentur abgeholt. Jeder Teilnehmer unserer Wandergruppe wurde an dessen Hostel oder Hotel abgeholt. Es stellte sich heraus wir waren ein bunter Mix an Persönlichkeiten. Ein deutsches Pärchen, ein aufgedrehter Ire, ein freundlicher Spanier, sowie ein paar weitere Mädels. Es ging zuerst in das Zuhause des Gründers der Agentur. Dort wurde uns traditionelles Frühstück serviert und wie konnten uns Kleidung für den kalten Gipfel ausleihen. Wir wurden mit Lunchpaketen ausgestattet und konnten Wanderstecken leihen falls wir wollten, wir entschieden uns dagegen.
Dann ging es los!
Mit dem Van fuhren wir zu einem Parkplatz von dort sollte die sechs stundige Wanderung starten. Wir waren nervös. Klar sind wir bereits einige Male gewandert, doch keiner von uns hatte so etwas vergleichbares bisher gemacht. Wir wurden schon mehrmals gewarnt, dass diese Wanderung jeden an seine Grenze stoßen lässt. Es wird steil und wenn man dann mal oben ist, kann es gut passieren, dass einem die Höhe zu schaffen macht. Nicht selten sprachen wir mit Reisenden die sich übergeben mussten.
Trotzdem freuten wir uns sehr und waren unglaublich dankbar für diese Möglichkeit einer solchen Erfahrung. Mit unserem Rucksack auf dem Rücken und unseren zwei Einheimischen Guides (die übrigens kein Wort englisch sprachen) zog die Wandergruppe los. Die ersten zwanzig Minuten waren die schlimmsten. Schnaufend liefen wir steil bergauf, immer mit dem Gedanken im Kopf, nur noch sechs Stunden so steil weiter bergauf. Uns kamen die Wanderer des vorherigen Tages entgegen. Manche redeten uns Mut zu: “It’s worth it.”, es ist es wert. Und manche versuchten uns mit schlechtem Sarkasmus zum Lachen zu bringen: ”Almost there!” (Fast geschafft). Wir versuchten uns abzulenken und nicht in eine Spirale negativer Gedanken zu verfallen. Wir machten es wie Dorie aus “Findet Nemo”, doch statt “einfach schwimmen”, war “einfach laufen” schon bald unser Mantra.
Tabea war recht schnell unterwegs, während Anna sich eher bei den langsamen Wanderern aufhielt. Sie war froh nicht die langsamste zu sein und versuchte sich ihre Energie aufzuteilen. Die Guides waren leider keine gute Hilfe, sie versuchten mit “Vamos”-Rufen zu motivieren, doch dies bewirkte eher das Gegenteil. Statt motiviert fühlte man sich als hielte man die Gruppe zu sehr auf.
Immer mal wieder liefen wir an kleinen Kiosks der Einheimischen vorbei. Wir hatten Nüsse dabei, die uns zwischendurch den nötigen Energie Schub verlieh, um weiter zu laufen. Nach einigen Stunden machten wir Rast und aßen unser Lunchpaket, es gab Reis mit Fleisch und oder Gemüse.
Die Wanderung verlief durch verschiedene Naturzonen. Zu beginn eher Wiesen und Felder, dann wurde es feucht und die Natur Regenwald artig. Zum Schluss liefen wir entlang lustiger Baume welche wir bisher noch nie gesehen hatten. Die Wanderung wurde somit immer mit einer interessanten Umgebung versüßt.
Gegen Ende hörten wir Grollen, und wir fragten uns ob ein Gewitter aufzog. Doch als wir dann endlich das Basecamp erreichten, wurde uns klar, dass das Grollen anderen Ursprung hatte.
Im Basecamp des Acatenango Vulkans auf 3600 Höhenmeter angekommen, staunten wir nicht schlecht über diese Aussicht. Auch der Vulkan Fuego, den wir sehr gut erblicken konnten, ließ uns nicht lange warten und zeigte schon bald was er zu bieten hat. Grollend und donnernd ließ er Rauch aus seinem Krater aufsteigen. Und wie sich diese Anstrengung gelohnt hatte! Unsere Wandergruppe machte es sich auf einigen Stühlen neben den Zelten bequem und beobachtete gespannt den Qualmenden Vulkan Fuego. Wir entspannten unsere Beine und nach einer Weile brachten uns die Guides heiße Schokolade und köstliche Kekse. Anna spürte nach einer Weile starke Kopfschmerzen und ihr Kiefer tat seltsam weh, sie das Gefühl schwer beschreiben, vermutete jedoch, dass es an der Höhe lag.
Ab 17 Uhr zogen alle los, die zusätzlich noch auf den aktiven Vulkan Fuego wandern wollten, um Eruptionen besser sehen und spüren zu können. Wir wollten das definitiv nicht, uns hatte die lange Wanderung zum Basecamp völlig ausgereicht und wir wollten einfach nur hier sitzen und den wunderbaren Ausblick genießen. Viele Wanderer, die wir im vorhinein trafen, hatten nicht so viel Glück wie wir mit dem Wetter und sahen sehr wenig von den Eruptionen des Fuegos. Wir waren deshalb unendlich dankbar mit solch einer guten Sicht belohnt zu werden. Wir sahen es als Entschädigung des Universums für all die Hürden der letzten Wochen an.
Im Basecamp blieben das deutsche Pärchen, eine weitere Reisende und wir zurück. Als es zu Dämmern begann wurde uns wirklich kalt. So fragten wir den Guide ob er das Lagerfeuer für uns entzünden konnte. Wir konnten ebenso entscheiden wann wir essen wollten, und mussten nicht auf die Rückkehr der anderen warten. Es gab Spaghetti mit einer Gemüsesoße oder einer Hackfleischsoße.
In der Dunkelheit war der Anblick des Vulkans noch viel faszinierender. Bei größeren Eruptionen hörten und sahen wir die Lavabrocken den Berg hinunterrollen. Bei einer Eruption hatten wir tatsächlich etwas Sorge um die Wanderer, die sich gerade auf dem Vulkan befanden.
In der Ferne zog ein Gewitter auf und belohnte uns mit einem unvergesslichem Naturschauspiel. Die Blitze, ließen uns die Konturen des Fuegos erkennen und die Lava schoss aus dem Vulkan in die Höhe.
Trotz des Faszinierenden Anblicks spürten wir nach dem Abendessen deutlich unsere Müdigkeit. Außerdem sollte die Nacht um 4 Uhr enden. Geplant war noch ein weiterer Anstieg von 300 Höhenmeter zum Gipfel des Vulkans Acatenango. Von dort würden wir den Sonnenaufgang beobachten können.
Wir legten uns in unser Zelt zum schlafen. Nachdem wir uns zwangen ein paar unserer Lagen Klamotten im Schlafsack auszuziehen, wärmte sich der Schlafsack und die Nacht war nicht allzu kalt. Nachts regnete es eine Weile, wir hörten die Tropfen auf unser Zelt prasseln. Und ab und an hörte man das laute grollen des Vulkans.
Als wir dann erwachten hatte es aufgehört zu regnen. Welches Glück wir doch mit diesem Wetter hatten. Wir lagen in unserem Zelt und lauschten ob wir die anderen hören konnten. Doch es war alles recht ruhig. Nach einer Weile, später als geplant, kam dann doch einer der Guides, um uns für die morgendlichen Wanderung abzuholen. Wir schlüpften in unsere Warmen Klamotten und dann ging es auch schon los.
Und was hätten wir nur ohne den Spanier gemacht. Wir verstanden alle kein Wort von dem was die Guides uns erzählten. Der Spanier agierte mit Geduld als Dolmetscher. Die Guides machen uns darauf aufmerksam, dass wir die einzige Gruppe waren, die den Anstieg zum Gipfel wagen. Grund dafür wäre die schlechte Sicht. Sie erklärten uns, wir würden eine halbe Stunde laufen und auf bessere Sicht hoffen. Es war wirklich alles sehr trüb und wir fragten noch einmal genauer, was die halbe Stunde groß bewirken sollte. Sie erklärten, dass sie hoffen wir würden durch Wolke, in der wir uns gerade befinden hindurchlaufen können und darüber bessere Sicht erwarten.
Wir legten also auf dem schotterartigen Untergrund weitere Höhenmeter zurück. In der Ferne hörten und sahen wir weiterhin die Eruptionen des Fuegos. Und tatsächlich nach einiger Zeit wurde die Sicht plötzlich klarer. Die Guides erklärten, dass es zum Gipfel noch eine weitere halbe Stunde wäre auch wenn uns nur 300 Meter wären. Wir müssten zur anderen Seite des Berges und die restliche Höhe krabbelnd zurücklegen. Wir waren alle einstimmig einverstanden uns hier und jetzt niederzulassen und den Sonnenaufgang in der Ferne zu beobachten. Der Ausblick war herrlich! Wir sahen die Stadt Antigua und den Vulkan Aqua, der auch von den Straßen Antiguas gut sichtbar war. Schräg an der Seite leuchtete der Vulkan Fuego während wir die Sonne am Horizont erblickten. Mit einer Rettungsdecke über den Beinen genossen wir den Ausblick.
Der Abstieg zum Camp ging 4-fach so schnell wie der Aufstieg. Wir rannten, stolperten und Flogen den Gipfel nur so hinunter. Im Camp genossen wir ein leckeres warmes Müsli. Anschließend räumten wir unsere Sachen zusammen und waren bereit zum Abstieg.
Unsere Gruppe rannte wortwörtlich den Berg nach unten. Langsam laufen war nicht viel besser, da die Knie nur das eigene Körpergewicht bremsen mussten. Die bessere Methode also Rennen und versuchen nicht hinzufallen.
Nach einer Weile war jedoch auch das sehr anstrengend wir waren froh als wir es endlich geschafft hatten. Im Hostel zurück gönnten wir uns eine Dusche und wanderten direkt ins Bett um Schlaf nachzuholen.
Den letzten Tag unserer wunderbaren Reise verbrachten wir damit zu packen, das Hostel Casi Casa genießen. Wir erzählten der Amerikanerin und den Jungs aus New York von unserer Wanderung und gingen Abends alle gemeinsam Essen. Anschließend besuchten wir noch eine kleine Bar.
Was für ein tolles Abenteuer!